Sentimentales. Teil 4.

Bei denen hier

gab es immer so ein "Spiel": je nachdem, in welcher Farbe man einen entdeckte, mußte man denjenigen, der sich gerade in unmittelbarer Nähe befand, kneifen, streicheln, hauen oder küssen. (Wo dieser Mist seinen Ursprung hat, täte ich ja gern mal wissen.)

Anfang/ Mitte der 80er gab es diese Miniaturfläschchen, die ich gesammelt habe, vorzugsweise die von Blue Bols, das es ja später dann in auch anderen Geschmacksrichtungen gab. Dabei fällt mir gerade auf, daß es damals scheinbar noch keine Altersbegrenzung für den Kauf von Alkohol gab, oder? Wie bereits bei Frau Zwilobit's Schmerzbericht im Kommentar erzählt, köpfte ich den Großteil dieser Fläschchen irgendwann, um damit höllische Zahnschmerzen zu bekämpfen.

Auf der Abschlussfahrt Klasse 10 (1984) ging es natürlich nach Berlin. Im Intershop gab es entweder den originalen Bols oder aber einen Verschnitt davon (da hakt die Erinnerung etwas) für nur die Hälfte. (Können Sie das bestätigen, Frau Araxe?)

Wenn ich mich an Samstage erinnere, so sehe ich außer dem bereits erwähnten abendlichen Gemeinschaftsbaden immer auch sämtliche Nachbarn in ihren Hinterhöfen und Garageneinfahrten stehen, Autowaschen mit den Fußballübertragungen aus dem Radio.

Kindergeburtstage waren noch richtige. Also die, wo man als Freundin eingeladen wurde. Da ließ man sich die Feier noch nicht von Ronald organisieren, sondern da wurde noch Topfschlagen, Blinde Kuh und sowas gespielt. Da waren die Kaffeetische noch richtig toll gedeckt, mit Luftschlangen, Konfetti und Platzkarten. Und es gab noch nicht diese idiotischen Giveaways für die Gäste, die sich im Laufe der Jahre steigerten (weil ja jede Mutter die andere übertrumpfen musste). Ich habe nie, bis heute nicht, verstanden, warum die Besucher fast gleichwertige Geschenke bekommen beim Heimgehen.

Dann gab es hier in NRW - es muß Ende der 70er gewesen sein - mal so einen richtigen Winter, wie ich ihn danach nicht mehr erlebt habe: über Nacht fiel soviel Schnee, daß die Busse bereits morgen um 7 Uhr mehr als 30 Minuten Verspätung hatten. Als brave Gymnasiasten warteten wir natürlich solange, bis endlich ein Bus kam, der Fahrer ließ uns aber ganich erst einsteigen, sondern teilte uns mit, daß wohl kurz vorher über Radio die Nachricht gekommen sei, daß der Unterricht bis auf Weiteres ausfallen würde. Ich kann mich vage daran erinnern, daß wir dann wohl fast eine Woche schulfrei hatten und selbst die Hauptverkehrsstraßen während dieser Zeit stets mit Schnee bedeckt waren.

Männer ohne Nerven und Väter der Klamotte fand ich immer blöd. Konnte ich nicht drüber lachen. Habe ich aber trotzdem immer geguckt, gab ja sonst nix anderes.
Don Camillo und Peppone war aber lustig.

Eine Zeitlang gab es Eis mit Plastikstielen, die man - wenn man mehrere besaß - ineinanderstecken konnte. Und nie wieder auseinander bekam.

Manchmal gab's im TV Aufführungen vom Berliner Grips-Theater (eben mal nachgeschaut, das gibt es immer noch), die waren klasse! Das war linkes, emanzipatorisches, aufklärerisches Kindertheater der frühen 70er Jahre.

Und: in der Schule der 70er arbeitete man noch mit Matritzen! So'ne Art Kopierpapier. Das roch immer so toll nach Alkohol.

Aus Walnußhälften hat man Mäusefamilien gebastelt - trés chic!

Kaugummiautomaten. An jeder dritten Hausecke hing einer. Da war immer so kleines Plastikspielzeug mit drin, und man guckte sich vor dem Geldeinwurf lange an, was es so gab und was man gerne hätte. Natürlich kam nie, nie das mit heraus, was man gerne gehabt hätte. Einmal drehen ein Groschen.
Achja, es gab noch Groschen. Will ich wiederhaben.

Im Urlaub hatte man die Sorge, daß es am Ferienort hoffentlich das neue YPS-Heft gibt. Die Urzeit-Krebse sind bei mir nie geschlüpft. Es gab auch noch die Sea-Monkeys. Die kannte ich aber nur von den Werbeanzeigen in den damals gängigen Comic-Heften.

Und: es donnerten vielmehr Düsenjets durch den Himmel als heutzutage, sogar sonntags. Und zwar so laut, daß wir uns tatsächlich die Ohren zuhalten mußten, wenn wir gerade draußen am Spielen waren.

Meine Kindheit war auch geprägt von zwei "Männern" gleichen Namens:
Hermann, der nie endenwollende Teig.
Das war ein Sauerteig, von dem man immer ein Stückchen abzwackte und weiterreichte. Den behaltenen Teig mußte man einige Tage gehen lassen und bereitete man dann mittels beiliegendem Rezept zu. Soll lecker geschmeckt haben, kann ich mich nicht mehr dran erinnern. Nur noch, daß in jedem Haushalt, den ich damals kannte, immer eine Tupperdose in der Küche stand. Mit Hermann drin.

Und Die seltsamen Abenteuer des Herman van Veen.
Herman lebte mit Freunden in einer Windmühle. Da habe ich den schon geliebt. Lange vor Alfred Jodokus Kwak.

Und ich kann mich noch an einen Straßenfeger erinnern: Roots. Mit Kunta Kinte. Es kostete viel Überredungskunst, daß ich das damals gucken durfte. Wirklich verstanden habe ich das nicht, was ich da sah. Aber egal - Hauptsache TV. Gab ja sonst nix. *g*

Auf Wandertagen sang man noch Lieder aus der Mundorgel. Bolle. Und: Wir lagen vor Madagaskaaar, und hatten die Peeest an Boaaard....

Ich habe alle Bände von Hanni und Nanni gelesen. Da mir mein Vater, wenn ich unartig war (was natürlich nur äußerst selten vorkam *g*), androhte, mich in ein Internat zu stecken, mußte ich schließlich vorbereitet sein und wissen, was mich da erwartet. Seine "pädagogische Maßnahme" ging also nach hinten los, denn ich fand Internate dann toll und wäre gerne in einem gewesen. Damals habe ich aber nicht gewußt, daß er sich das niemals hätte leisten können. Also finanziell und sowieso.

Durch die Werbung stapfte der Hustinettenbär und der Portas-Mann. Und auf den Schachteln der Blendi-Zahnpasta waren immer Comics aufgedruckt.

(Neue Leser finden hier zu Teil 1.)
C. Araxe - 2006-01-18 09:10

Da muss ich leider passen. So dekadent war ich nicht in meiner Jugend, als dass ich mein knappes Westgeld (immerhin gehörte ich zu den Beneidenswerten überhaupt welches zu besitzen) in Bols investiert hätte.

Budenzauberin - 2006-01-18 10:13

Woher hatten Sie denn das Westgeld?

Wir waren sogar so dekadent, daß wir das restliche Ostgeld beim Besuch "drüben" in die Mülleimer am Bahnhof (Friedrichstraße?) warfen - man hatte uns ja im Vorfeld eindringliche Instruktionen gegeben, daß wir unter keinen Umständen Ostgeld mit in den Westen nehmen dürften. Das schien aber bekannt zu sein, jedenfalls lauerten da eine ältere Dame, die sich dann auch auf die Papierkörbe stürzte und das Geld verständlicherweise herausfischte. Hätten wir das vorher gewußt, hätten wir es ihr natürlich gleich gegeben.
Aber die Erbsensuppe auf'm Alexanderplatz schmeckte für ihre halbe Mark recht lecker.
C. Araxe - 2006-01-18 10:20

Von Verwandten.

Yep, das erzählten Sie bereits.
Budenzauberin - 2006-01-18 10:25

Und was konnten Sie mit dem Westgeld machen, da bei Ihnen? Hatten Sie Zugang zu Intershops?

(Ja, Ihnen. Aber hier noch nicht.)
C. Araxe - 2006-01-18 10:38

In die Intershops konnte jeder reingehen, auch DDR-Bürger. Dazu waren sie auch gedacht, um (West-)Devisen auf privater Ebene einzunehmen. Ja, und da wurde das meiste Geld auch ausgegeben. Beliebt war auch die Investierung in Handwerker, da man normalerweise sehr viel Geduld aufbringen musste. Oder der illegale Erwerb (Schwarzmarkt) von Produkten, die schwer erhältlich waren.
Budenzauberin - 2006-01-18 11:27

Und was haben Sie sich dann so dort gekauft?
Haben Sie auch mal schwarzgehandelt?
C. Araxe - 2006-01-18 11:39

Hm, ab und zu Süßigkeiten. Wie schon geschrieben Kassetten. Kleinkram, den es in der DDR nicht gab wie z.B. Tintenkiller (obwohl die viele Lehrer verboten haben). Überhaupt Schreibwaren fällt mir gerade ein. Patronen für den Pelikan-Füller - die DDR-Patronen passten nicht, irgendwann wurde dann die Tinte per Spritze eingefüllt. Die Idee mit dem Nachfüllen von Druckerpatronen hatte bestimmt ein Ex-DDR-Bürger. Filz- und andere Stifte bzw. Malzeug. So viel hatte ich ja auch nicht.
rebella jane doe - 2006-01-18 09:59

*seufz.
so ein grünes ding wie das da oben fuhr ich ganz lange selbst.
allerdings in gelb.
mit schwarzen streifen.
*seuuuuuuufffffz.

Budenzauberin - 2006-01-18 10:08

Ach, eines mit so'ner "Nostalgie"-Lackierung, die es noch in Bordeaux mit Schwarz gab?
Und mit diesem aufrollbaren Stoffschiebedach?
Am besten fand ich ja die, die hinten noch so'n kleinen Kofferaufbau hatten.
Und viele hatten noch diese Enten-Aufkleber drauf. Manchmal allover.
rebella jane doe - 2006-01-18 13:11

nö. die meine döhschewoh war wirklich gelb (zitronen-). und auf den zugegebener maßen schon arg gebeutelten lack hatte ich ganz liebevoll ganz viele, je ca. 15 cm breite, unregelmäßig geschnitte streifen schwarzer klebefolie aufgebracht. quer.
wie oft mir erfreut ooooch, gumma - 'ne tieeeehscha-ente!!!!!" o.ä. hinterher gerufen wurde, weiß ich nicht mehr.
aber es war extrem lustig.
für alle beteiligten.
ich poste bei nächster gelegenheit mal eine fotografie meines zitrönen-unikats (so ich sie wiederfinden sollte.).
Budenzauberin - 2006-01-18 15:05

Isnichwahr - ich hatte mir mal ein Fahhrad genauso designed, mit schwarzem Isoband, aber davon existiert leider überhaupt kein Foto. :-(

Ich warte gespannt auf Ihr Foto.
rebella jane doe - 2006-01-18 22:18

hier isse, meine süße, mein schatz, mein sofa - kurz um: das beste gefährt, was ich je mein eigen nannte. - leider habe ich kein profil-foto mehr finden können aber ich denke, den rest des geschosses können sie sich mental selbst zusammenpixeln... :-)

ist sie nicht wunder-, wunderschööön?!

(pe es: nicht über des kännzaichle wund're, damals henn' i fei no' im ländle g'lebt, gell? ;-)
Budenzauberin - 2006-01-19 07:06

Uiiii! Ja, die hätte ich auch gern gehabt, wirklich schön! War doch sicher nicht so einfach, das mit den Klebestreifen, oder? Wenn ich mir da die schwierigen Stellen bei den Blinkern vorn anschaue.
Und: ich wundere mich hier fast über ganix mehr. ;-)

Danke für's Bildraussuchenundzeigen!
Wolkentage - 2006-01-18 11:09

Bei den grünen Enten wurde immer gezwickt *ggg* zum streicheln haben wir immer die gelben genommen weil die waren am seltensten ;)

Mein Yps-Urzeitkrebse waren fast 3 Zentimeter groß.. aber die großen haben die kleinen gefressen :(

Jaa, Hanni und Nanni... ich hab alle Bände gelesen, hatte einen von diesen Monsterbüchern mit aaallen Bänden in einem Band... das gleiche für 'Dolly' und 'Billie und Zottel'. Man hab ich mir damals oft gewünscht ins Internat zu dürfen ;)

Budenzauberin - 2006-01-18 11:30

Ja, Dolly hatte ich auch, und H&H ebenfalls als dicke Sammelbände, aber immer nur so mit 2-3 drin. Fünf Freunde habe ich auch noch gelesen, aber später dann lieber die Serie im TV angeschaut.
Überhaupt gab es so schöne Schneider-Bücher. Da war in der Mitte immer irgend so'ne Karte drin für Bestellungen oder sowas.
Wolkentage - 2006-01-18 11:34

Ja, die waren immer toll... da gabs auch noch diese schönen Bücher von Berte Bratt, über die Zwillinge Senta und Sonja, eine fast endlose Serie... ich hab die Bücher verschlungen!
Budenzauberin - 2006-01-18 15:05

Öh...die kenne ich ganich.
Idoru - 2006-01-18 11:15

matrizen! SO haben die dinger geheißen! letztens hab' ich überlegt.... die waren auch immer so lila und man hat gesagt man "zieht sie ab"......

Budenzauberin - 2006-01-18 11:25

Genau! Und wehe, man verschrieb oder verzeichnete sich kurz vor Fertigstellung...da war nix mit editieren. *g*
Wolkentage - 2006-01-18 11:26

Mit diesen Dingern haben sich die Jungen aus unserer Klasse immer 'Veilchen' um die Augen gemacht *g*
twoblog - 2006-01-18 12:40

Sie werden es nicht glauben.

Den Kleber auf der Ente "I fly bleifrei" habe ich in den 8oern in einer internationalen Agentur (RSCG) in Düsseldorf entwickelt.
Der Illustrator ging später zu Disney. Er hat heute sogar nen Blog, aber ich erinnere gerade den Namen nicht.

timanfaya - 2006-01-18 13:10

damals hat man mangels medialer überflutung auch noch dinge länger behalten. chicken george war glaube ich ein nachfahre von kunta kinte. aber frag' mich mal, wie der scientologenhirni in den mission impossible streifen heißt. das kommt nicht mal in der kopfmitte an, da ist es schon wieder weg.

schöne serie hier übrigens,
bisher kenne ich noch alles.

[ich habe freitags immer am liebsten zorro gesehen. western von gestern und so. bin ja schließlich auch schon fast von gestern ...]

Budenzauberin - 2006-01-18 15:08

Uaah, das Zeuch, von dem Sie da genommen erzählt haben, kenne ich ja ganich - Chicken George und Mission Impossible.

Soso, Sie kennen das alles.
Auch Hanni&Nanni-Bücher? ;-)

Und: Danke.
timanfaya - 2006-01-18 16:12

als burg schreckenstein leser gab es zumindest bei der verlagsvorschau auf den letzten seiten berührungspunkte zu hanni und nanni ...

[p.s: "berührungspunkte" - es war nichts sexuelles!]
Wolkentage - 2006-01-18 22:57

Burg Schreckenstein! Stimmt, da hatte ich auch noch jede Menge Bände... Die waren auch toll, da wär man am liebsten nicht nur im Internat, sondern auch noch ein Junge gewesen ;)
Brille - 2006-01-18 13:48

Hach ja *seufz*! So ein grünes Verneige-Ding hatte ich auch. Ein 2CV4 mit einem fetten 435ccm Motor und sagenhaften 23 PS. Und einen Tauschmotor konnte man noch ganz alleine ohne Hilfe hineinwuchten und einbauen. Jawohl!
Und mein Abgas enthielt kein 'Fixodivsaueresfotzodoofformalin', oder so.

*dickfettsentimentalwerd*

Budenzauberin - 2006-01-18 15:09

Aber nicht hier rumheulen jetzt, ja?!
Brille - 2006-01-18 15:28

Und wenn, dann sind Sie aber so was von schuld, Sie!
Au-lait - 2006-03-30 10:37

Herrje, die Mundorgel. Was haben wir da früher draus gesungen. Auf Pfadi-Fahrten, in der Grundschule, manchmal auch zu Hause. My bonnie is over the ocean, selbstberständlich auch Bolle... hach! :)

Budenzauberin - 2006-03-30 14:15

Oh, Frischfleisch Besuch - Willkommen.

Wie biste denn jetzt an den fast schon eingestaubten Artikel gekommen? (Würde mich einfach nur mal so interessieren.)

Und egal, wo man sich befand - irgendeiner kannte immer ein Lied daraus, das einem selbst noch unbekannt war. Und es gab nie genug, so daß man oft zu zweit/dritt hineinschauen mußte, was aufgrund der kleinen Schrift oft das Mitsingen bei Textunsicherheit erschwerte. Hachja.

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