Schokobons kommen aus der Hölle und anderes.

Alltag ist wieder eingekehrt.
Somit leider auch wieder der Alltag, in dem ich hier viel zu selten bis gar nicht schreibe.
So oft nehme ich mir vor, das zu ändern, und dann vergesse ich es wieder.
Ja, vergessen ist ein gutes Stichwort.
Seit der letzten Chemo - die übrigens am 2.April genau ein Jahr her war - bin ich extrem vergesslich geworden. Ausgerechnet ich, die "vorher" immer ein Elefantengedächtnis hatte.
In Krebs-Insider-Kreisen wird es "Chemo-Alzheimer" genannt. Gibt es wirklich.
Als ich von letztem Oktober bis diesen Januar täglich morgens eine Thrombose-Tablette nehmen mußte, mußte ich mir ernsthaft sofort nach Einnahme eine kleine Notiz in meiner Spalte des Familienkalenders machen, weil ich mich sonst - ungelogen! - oft nach schon nur einer halben Stunde gefragt habe, ob ich sie denn eigentlich schon genommen habe oder nicht.
Meine Familie trägt es zum Glück mit Fassung, oft auch mit Erheiterung, daß sie mir manches innerhalb von nur wenigen Stunden nochmals erzählen müssen, weil ich vergessen habe, daß ich es bereits wußte.
Aber solange ich mir noch die wirklich wichtigen Dinge merken kann, geht's ja.

Weiteres Überbleibsel der Chemo: meine tauben Zehen. Kein Gespür mehr drin. Bis auf daß ich ganz selten minimale Gleichgewichtsstörungen habe, kann man mit leben.

Seit letztem Sommer wachsen - nein: wuchern! meine Haare ja auch schon wieder, und das ist natürlich auch gut so. Kuriosum: als ich meine Beine erstmals wieder rasiert habe, wuchs dort nichts mehr nach. Kann man auch mit leben, sehr gut sogar. Obschon mir da ja andere Stellen weitaus lieber gewesen wären, aber na gut, kann man sich halt nicht aussuchen, näh.

Leider habe ich die während des ersten halben Jahres seit der Diagnose abgenommenen 20 Kilo schon wieder drauf. Aber kann man auch mit leben, also ich jetzt. Schokobons kommen aus der Hölle.

Bei den bisherigen alle-3-Monate-Nachsorgeuntersuchungen war stets alles OK.
Da ich leider Krebs-Gen-Trägerin bin ("BRCA2" nennt sich das), muß ich nun auch alle halbe Jahre zum Feindiagnostik-MRT in eine 70 km entfernte Stadt, der erste Termin findet Mitte Juni statt.
Meine beiden Ältesten sind auch ereits getestet worden - die Älteste hat das Gen NICHT, da war die Freude tränenreich, als ich das Ergebnis erfuhr! Der Älteste hat es zwar, jedoch steigt dadurch das Risiko, daß er Brustkrebs bekommen könnte, von gerade mal 3 auf 7%, also kein Grund für Dramatik, und das Risiko für Prostata-Krebs liegt auch noch unter 10% und ändert nichts an den Vorsorgeuntersuchungen, die eh erst ab dem Alter von 40 durchgeführt werden. Klar, er kann das Gen vererben, das ist natürlich blöd. Aber derzeit auch nicht aktuell, das Thema.

Insgesamt geht es mir also ziemlich gut, und das ist natürlich auch gut so. Direkt nach der letzten Chemo habe ich meine Leitertätigkeit bei den Pfadis wieder aufgenommen, und das war mir enorm wichtig. Leider bin ich noch nicht fit genug, um wieder an einer Lagerfahrt teilnehmen zu können - da gibt es immer so ein paar Streß-Trigger, die mir nicht gut tun... - , aber auch damit kann ich wider Erwarten derzeit gut mit leben.

Alles in allem also kann ich gut leben. Ohne dieses Mistviech.

Aktuell steht mal wieder ein Umzug an, da das jetzige Haus nach dem Auszug der Ältesten im November einfach zu groß und somit zu unwirtschaftlich für uns geworden ist.
Wir ziehen mal wieder in kleinen Etappen um, nächstes Wochenende bekommen wir den Schlüssel fürs neue Haus und dann werden die ersten Kartons von den bisher schon 80 (ACHTZIG? Achtzig.) gepackten rübergefahren.
Diesmal betreten wir richtiges Neuland, da wir in einen anderen, gut 8 km entfernten Ort ziehen, aber alle anderen Kontakte wie Pfadis, Schule, Freunde, natürlich hier bleiben. Aber ich freue mich drauf, weil das Haus wirklich gemütlich ist, eine tolle Raumaufteilung wie für uns gemacht hat, wir nur eine minimal kleinere Wohnfläche als hier haben, dafür aber einen viel kleineren Garten, den ich dann aber wenigstens wieder selber bewältigen kann, was mir hier mit den vielen Bäumen, Büschen und Beeten nicht mehr möglich war.

Ich habe hier gerne gewohnt in den 3 Jahren, aber wirklich vermissen werde ich wohl nur meinen kleinen Vorratsraum, der sich an der Küche anschloss. Da muß ich gut bei der neuen Küche, die wir noch planen und kaufen müssen, drauf achten, daß die soviele Schränke und Schubladen hat, daß ich da all das unterkriege, was bisher in dem kleinen Raum war.

Und dem jüngsten Kind haben wir ein Baumhaus versprochen, obwohl im neuen garten gar keine Bäume stehen. Also wird es ein Stelzenhaus. Möglichst selbstgebaut. Ich freue mich schon drauf. Wenn jemand gute Ideen oder Links zu Seiten mit guten Ideen hat, immer her damit!

Vor dem Umzug geht es aber Ende Mai nochmal zum Kräftetanken und weil wir uns das eh vorgenommen haben, wenn "der ganze Scheiß überstanden ist", zu einem Freundinnen-Wochenende auf unsere Lieblingsinsel Texel.

Und irgendwo davor, dazwischen und danach möchte ich gerne wieder bloggen. Hier schreibt es sich ganz anders als bei FB. Ich finde FB total doof, das hat nämlich das Bloggen irgendwie kaputtgemacht.

Sie sehen, Schuld auf andere schieben kann ich immer noch gut. ;-)

Danke für's Interesse & Lesen & liebe Grüße!

Kleiner Nachtrag: oft bekommt man gesagt, daß man ja "nach sowas" viel bewußter leben würde. Sich mehr an kleinen Dingen erfreuen würde. Dem kann ich nur begrenzt zustimmen. Kurz nach meiner OP war das so. Ich hatte ja einen künstlichen Darmausgang, von dem es vorher hieß, die Wahrscheinlichkeit, daß ich ihn bekomme, läge bei nur 4%. Das war dann natürlich ein Schock. Und es hat ein bißchen gedauert, bis ich ihn akzeptiert habe als etwas, das dazu da war, mir das Leben zu retten. Die ersten 2 Wochen nach OP (über 9 Stunden! Mit 48 Stunden "verlängerter Narkose"!) konnte ich kaum laufen, mich nicht selber waschen. Die ersten 2 Monate danach mir nicht einmal die Socken selber anziehen und die Schuhe nicht zubinden. Da begann es noch im Krankenhaus, diese bewußte Wahrnehmung für Sonnenschein, für eine Blume, für die ersten Schritte für 5 Minuten an der frischen Luft. Aber alles war täglich durchpfercht von den Gedanken ans Sterben, ans Hinterlassen der Kinder und den Mann. Mehrmals tägliches Weinen. All diese Ängste und Tränen sind weniger geworden, mitunter tagelang gar nicht mehr da, und nun liegen schon Wochen dazwischen. Klar, ich sage mir bei vielen Wehwehchen, das es Schlimmeres gibt, ich habe es ja schließlich selber schon erlebt. Ich habe dem Tod in die Augen geschaut, ziemlich tief sogar. Diesen Blick vergesse ich nicht. Aber es kehrt wieder Alltag ein, und das ist auch gut so.
Die Angst wird eh nie mehr verschwinden.

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